Für einen Zeitraum von zwei Monaten wird in Jena eine Überwachungsstation im Deckmantel einer Doppelgarage errichtet. Mit Hilfe verschiedener Aufbauten (Periskop, Kameras, Mikrophon, Smart-Devices, Radar- und Funkgerät, ...) werden jegliche Aktivitäten der nähren Umgebung erfasst und von Sachverständigen im Inneren der Garage an einem Terminal ausgewertet. Ein als Sandhaufen getarntes Vehikel welches lautes Traubengurren von sich gibt, verlässt dabei täglich die Garage um in der nahegelegenen Innenstadt unauffällige Observations-fahrten durchzuführen.
Ein einstöckiges Gebäude steht seit kurzem unweit des Theaters in Jena. Es ist so unscheinbar, fast hätte man es übersehen. Doch irgendetwas stimmt nicht. Das Haus erinnert gleichzeitig an Doppelgarage, Trafohäuschen und Forschungsstation. Spritzputz, Flachdach, sechs mal sechs Meter. Zu einer Seite zwei große Rolltore, auf dem Dach seltsame Objekte. Sind das Antennen? Kopfüber weht die Flagge der Bundesrepublik. Aus dem Inneren dringt aufgeregtes Stimmengewirr, mal scheint es,als würde jemand hinter den Blechwänden bis in die Nacht ohne Unterlass arbeiten. Autoschrauber? Kleingärtner? Terroristen? Glaziologen? Wer sind die und was treiben die da drinnen? Dieses Gebäudescheint zu brüten.
Und dann sorgt in der Stadt auf einmal ein Haufen für Unruhe. Unterschiedliche Leute wollen zu verschiedenen Tageszeiten einen kleinen Sandberg gesehen haben, der sich klammheimlich durch die Stadt bewegt.
„Er huscht ein paar Meter, dann bleibt er hinter der Häuserecke stehen, als wäre nichts gewesen.“, meint eine Anwohnerin. Andere berichten von ohrenbetäubendem Taubengurren in der Fußgängerzone, das von einem kleinen Berg ausgeht. Was um alles inder Welt hat er vor, der Haufen und warum hat er sich gerade Jena ausgesucht?
1998 rumorte es in Jena bereits nächtelang aus einer anderen Garage. Zwei Herren und eine Frau tüftelten an einer Kiste, die sie wenig später nachts vor dem Theater der Stadt abstellten, genau dort, wo wir 20 Jahre später das seltsame Gebäude errichten, halb Abhörstation, halb Doppelgarage. Die Kiste entpuppt sich als Bombe, der ein Zünder fehlt. Als Polizeibeamte 1998 die Garage stürmen, tauchen die Bombenbastler unter, um in den kommenden Jahren gleichsam unter Beobachtung und seltsamer Obhut der Agenten des Verfassungsschutzes deutschlandweit als «Nationalsozialistischer Untergrund» zu morden.
Habbakuk spielt mit Bezügen in deutsche Vorstädte genauso wie mit Verweisen in dessen jüngste Geschichte. Alle Elemente sind gefährlich gewöhnlich, doch agieren sie gegen jede Erwartung und werfen Fragen auf. Was passiert eigentlich in deutschen Kellern und Garagen? Welche Gefahren bürgt das, was uns am nähsten liegt? Wer sorgt heimlich für meine Sicherheit? Vertraue ich diesen Leuten? Militarisiert sich dieses Land? Die hypernormale Architekturlässt die Passanten bewusst im Unklaren.
Credits:
Ein Projekt von: Peter Behrbohm and Anton Steenbock (SONDER)
Fotografie: Peter Behrbohm, Anton Steenbock, Vincci Ong
Film: Markus Bühler, Maman Salissou Oumarou
Vielen Dank an: Luise Peschko, Roland Hille, Heinz-Georg Anders
Habbakuk wurde ermöglicht durch die Einladung des Theaterhauses Jena und sein künstlerisches Leitungsteam (Moritz Schönecker, Benjamin Schänecker und Veronika Bleffert).