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German Embassy Beirut
Projekt, Prof. Alfred Grazioli,
Berlin 2010
Übergang
Als diplomatische Vertretung steht die Botschaft zwischen dem
Libanon und Deutschland.
Der Entwurf thematisiert diesen Übergang. zur Hälfte stecken die
drei kubischen Baukörper im steinigen Hang über Beirut, halb ragen
sie in den Himmel Richtung Nordwesten, nach Deutschland.
Wer hier herkommt, will handeln oder zusammenarbeiten, will in die
Ferne oder wieder zurück in die Heimat. Die Botschaft ist ein Ort,
an dem Reisen, Transfers oder Handel genehmigt werden. Ein Ort, an
dem so lange gewartet wird, bis etwas in Bewegung kommt.
Die drei Baukörper entsprechen den drei voneinander stark zu
trennenden Funktionsbereichen: Der unterste Riegel beherbergt die
Visaschalter für die Öffentlichkeit. Darüber schiebt sich die
Kanzlei, die sich mit politischen, kulturellen und wirtschaftlichen
Belangen befasst. Ganz oben liegt die Residenz des Botschafters mit
seiner Privatwohnung sowie repräsentativen Räumen für Empfänge und
Feste.
Choreographie
Beirut ist durch den Bürgerkrieg und seine Heckenschützen zu einer
Stadt geworden, in der man Bewegung ausschließlich mit dem Auto
erfährt. Ein geschwungener Weg führt deshalb durch einen Kiefernhain
von der Straße zum Empfang. Visakunden parken hier, gehen zum
Empfang und werden kontrolliert. Geladene Gäste und Mitarbeiter
warten im Wagen bis sich das Tor öffnet und rollen in die
Fahrzeugscheuse, um kontrolliert auf das Gelände fahren können.
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Nach der Kontrolle betritt der Visakunde den Löwengang, der als
Tunnel beginnt, bevor er erst sein Dach und dann die Seitenwände
verliert um schließlich als Steg abgehoben vom Boden durch das
Kiefernwäldchen zu führen. Eine Treppe leitet am Ende nach oben. Von
unten betritt man den weit auskragenden Baukörper, in dem sich der
Warteraum der Visaabteilung befindet. Das große Fenster auf Höhe der
Baumwipfel gibt den Blick über Beirut frei. Auf das Visum wartend,
blickt man aus der Luft auf seine Stadt.
Wie von einem abhebenden Flugzeug.
Die geladenen Gäste fahren den gewundenen Weg zur Kanzlei oder zur
Residenz empor. Von dort aus gelangen sie über eine Freitreppe auf
die riesige Dachterrasse, die auf der einen in ein kühlendes Bassin
übergeht und auf der anderen im Schatten der Residenz verschwindet.
Ausschließlich von der Residenz hat man den Blick in das Nachbartal,
dass sich im Gegenteil zum flirrenden, graubraunen Chaos von Beirut
als eine sattgrüne Berglandschaft zeigt.
An vielen Punkten einiger Gebirgsstraßen, die sich von der Küste in
den hügeligen Osten des Landes winden, nimmt man das Grundstück der
deutschen Botschaft als großesWaldstück wahr. Der seltene grüne
Hügel wird von der Botschaft gekrönt, die schon von weither
metallisch und maßstabslos funkelt.
Handverzinntes Kupfer lässt die horizontalen Strukturen der
Vorhangfassade wie eine Mischung aus Naturstein und Metall wirken.
Die Öffnung zwischen den Elementen entspricht dabei dem Grad der
Öffentlichkeit, der erwünscht ist. Vieles ist streng geheim und im
Berg untergebracht.
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Ausrichtung
"Sicherheit geht über Kosten.", sagt ein Sicherheitsspezialist und
überprüft mögliche Fluchtwege für eventuelle Evakuierungen der
Botschaft. Das Bedürfnis nach Sicherheit ist dermaßen Ausgeprägt,
dass es sich unweigerlich auch auf den Entwurf auswirkt.
So besteht das Bauwerk aus drei Teilen, die sich kaum berühren
dürfen und nur an zwei Stellen übereinander schieben, wo sie
interessante Eingangsräume bilden. Die Grundform entsteht durch das
Aufklappen der 3 Teile entlang der, um 25m eingerückten
Grundstücksgrenzen. Eine Vorschrift verlangt diese Distanz als
Sprengschutz.
Abhörsichere Räume, Sprengschutzwände, Panzerglas, Löwengänge und
Personenschleusen sind weitere Begriffe, denen man in den
Sicherheitsrichtlinien begegnet und die in ihrer defensiven
Brutalität ironisch zelebriert werden.
An einem Übergang zeigen sich nämlich vor allem die Unterschiede der
beiden Länder. Die sprichwörtliche Botschaft Deutschlands scheint
die Sicherheit zu sein, denn die wirtschaftlich, sozial wie
politisch abgesicherte Bundesrepublik ist geradezu diametrales
Gegenteil des unberechenbaren, dynamischen und unglaublich
chaotischen Libanons.
Die Botschaft liegt ernst, kühl und vor allem sicher über Beirut und
schaut über eine quirlige, staubige und junge Stadt. Als wäre sie
der silbern eingepackte Forscher am Rand eines frisch erloschenen
Vulkans.
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